Friday, June 8, 2012

Seit wann gibt es die Globalisierung? Und was hat die Clovis-Kultur damit zu tun?


Es scheint mal wieder nicht ganz ernst gemeint zu sein. Die Clovis-Kultur so nah bei dem Wort Globalisierung stehen zu sehen, muss anrüchig wirken, macht jedoch Sinn, wenn man bereit ist, weiterzulesen, und das Geschichtsbild, das uns in der Schule eingetrichtert wurde, mal über Bord zu werfen. Blicken wir zurück und versuchen mit dem Schulwissen folgende Frage zu beantworten.
Seit wann gibt es die Globalisierung? Eine einfache Frage mit einer einfachen Antwort: Die Globalisierung ist etwas genuin neues, das es erst seit dem 20. Jahrhundert gibt. Falsch! Ach, ja, vor dem Ersten Weltkrieg gab es das ja auch schon, also seit dem 19. Jahrhundert. Wieder falsch! Okay, also doch zurück bis zum Sklavenhandel ab dem 16. Jahrhundert. Auch das reicht nicht aus. Es hängt natürlich stark von der Definition des Wortes Globalisierung ab, aber im Prinzip unterscheidet sich das, was wir heute haben nicht wesentlich von vorangegangenen Jahrhunderten, ja Jahrtausenden. Interaktionen auf wirtschaftlicher Ebene, die letztlich auch Einfluss auf kulturelle und soziale Entwicklungen hatten, gab es zu jeder Zeit. Der Film „10.000 B.C.“ illustriet das ganz gut, auch wenn er natürlich ein anderes Ziel hatte, als die Geschichte der Globalisierung zu veranschaulichen. Es gibt sogar Belege dafür, dass die ägyptischen Pharaonen bereits Tabak konsumierten. Dumm nur, dass der ausschließlich in Südamerika vorkam. Wie kommt also eine südamerikanische Pflanze über tausende von Seemeilen in die Grabkammern der alten Herrscher am Nil?
Und nun stand im Handelsblatt ein Artikel zu den Wurzeln einer nordamerikanischen Kultur, die bereits anzutreffen war, als eigentlich noch gar keine Menschen dort leben sollten, denn der Eispanzer während der letzten Eiszeit hielt den Korridor in Alaska unpassierbar verschlossen. Diese Clovis-Kultur weist außerdem erstaunliche Ähnlichkeiten mit einer anderen Kultur jenseits des Atlantiks, nämlich in Europa auf. Zufall? Einige Wissenschaftler glauben ja, andere nicht. Eine Möglichkeit besteht darin, dass die Ur-Europäer beim Verfolgen ihrer Jagdgründe entlang der Eisschollen nach Amerika gelangten. Klingt merkwürdig? Aber warum? Weil wir angeblich Chronorassisten sind: Wir trauen unseren Vorfahren einfach zu wenig zu. Dabei haben sie sich aus Afrika aufgemacht, alle Erdteile, unter denen sich auch das abgelegene Australien befand, bevölkert und sich dabei immer wieder neue Methoden und Techniken einfallen lassen, um den widrigsten Bedingungen zu trotzen.
Warum das alles? Um eines zu zeigen. „Seit wann gibt es die Globalisierung?“ impliziert die Frage, die von den Globalisierungsgegnern wie „Occupy Wallstreet“ oft dargestellt wird, wie wir wieder zu dem Augenblick zurückkehren können, in dem es keine Globalisierung gab. Der Punkt: Diesen Moment gab es eigentlich nie. Die bessere Frage wäre daher: Wie können wir unser technisches Wissen nutzen, um eine gerechtere Globalisierung zu gestalten?

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