Sunday, July 15, 2012

Larp – Das Leben im Mittelalter selbst erleben. Ein Spaß für die ganze Familie?

Es gibt manchmal wirklich merkwürdige Moden. Eine der neuesten ist der Familienausflug ins finstere Mittelalter. Larp nennt sich diese Freizeitbeschäftigung der anderen Art, von der bisher nur wenige etwas wissen. Daher hier ein kleiner Steckbrief:

1. Was heißt Larp?
Der Begriff kommt aus dem Englischen und steht für „Live Action Role Playing“, also etwa: reelles Rollenspiel (im Gegensatz zum virtuellen).

2. Was ist Larp?
Beim Larpen handelt es sich um ein mittelalterliches Rollenspiel. Die Teilnehmenden werfen sich hierfür zum Beispiel für ein Wochenende in zeitgenössische Kleidung, geben sich alten Berufen und „Rollen“ hin, um zusammen mit anderen Larpern das Ambiente einer mittelalterlichen Gemeinschaft herzustellen und ein paar Tage so zu leben, wie es damals Sitte war. Um Aktion in das Leben zu bringen, wird die Situation durch Plots aufgelockert. Plots sind Handlunsgstränge, die von einzelnen Teilnehmern durchgeführt werden. So kann die Hexe jemanden vergiften, wofür sich der Bruder des Vergifteten bei der Hexe rächen will. Wer nur „Zuschauer“ sein möchte, kann einen Nicht-Spielercharakter bekommen.

3. Seit wann gibt es Larpen?
Beim Larpen handelt es sich keinesfalls um eine neue Erscheinung. Ursprünglich soll diese Art der Freizeitbeschäftigung aus England stammen und seit etwa 20 Jahren auch Anhänger in Deutschland haben. Sicher gibt es aber auch eine Verbindung zu Mittelaltermärkten und Schaustellern wie sie es schon immer auf Volksfesten und ähnlichem gegeben hat. Das Besondere beim Larpen ist jedoch, dass Interessierte sich oft in kürzeren Abständen ihrem Hobby hingeben können.

4. Wer organisiert das Larpen?
In Deutschland wird die Organisation von Larp-Veranstaltungen in erster Linie von Vereinen und privaten Initiatoren vorgenommen. Wann und wo die nächsten Events stattfinden kann auf www.larpkalender.de einfach herausgefunden werden. Die Gebühr variiert zwischen 35 und 150€ pro Person für ein Wochenende. Viele der Veranstaltungen dauern aber auch länger.

Die Frage, die den Leser nun quälen mag, ist, warum hier, in einem Kant-Blog über Freizeitbeschäftigungen im Mittelalter-Ambiente berichtet wird. Die Antwort ist eher simpel: Wie schon mit dem Exkurs in die Clovis-Kultur gezeigt, ist Globalisierung nichts neues. Das Mittelater war sogar eine Glanzzeit der Transnationalität, konnten doch „Grenzen“ leicht überwunden werden. Über das Leben im Mittelalter gäbe es an dieser Stelle viel zu sagen. Aber wo sollte man anfangen? Das wesentliche ist, um bei Kant zu bleiben, der relative Kosmopolitismus, der für den Freien galt. Überall konnte man hingehen, alles konnte gesehen werden, solange man als frei galt. Sicherlich war das für die Masse der Bauernschaft eher ein Wunsch als Realität, aber doch gab es jene Möglichkeiten insbesondere für die geistliche und Gelehrtenelite. Aber das Leben im Mittelalter ist so verschieden, wie das Mittelalter es selber war. Die tausend Jahre, die unter jenem Begriff zusammengefasst werden, reichen von einem „dunklen Zeitalter“ der Völkerwanderung bis zum Beginn der Renaissance. Diese Zeit brachte monumentale Bauwerke ebenso hervor wie die Kreuzzüge mit ihren unendlichen Gräueltaten. Wer sich also auf die Zeitreise begeben möchte sollte sich dessen klar sein. Das Mittelalter war eine Zeit der Widersprüche, nicht ganz unähnlich der unseren Zeit. Viel kann man lernen bei so einem Rollenspiel. Das wichtigste stellt vielleicht die Empathie dar, die nötig ist, um sich seiner Rolle hinzugeben. Und diese Empathie kann uns auch helfen, Menschen aus der heutigen Zeit in anderen Situationen zu verstehen.

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